Vielleicht macht uns die Krise doch zu besseren Menschen: rücksichtsvoller, maßvoller, weniger krawallig. Und wenn man schon mit Mund-Nasen-Maske rumlaufen soll, was ja in der Regel hochgradig uncool aussieht, sofern man nicht im Piratenlook auf einer Harley sitzt, dann kann man sich günstigenfalls auch konform und unauffällig benehmen.
Oder man wird kriminell – was auch eine Option ist, wenn man eh schon rumläuft wie die Daltons („Ganz ruhig, Joe“, sagte letztlich das Murmeltier zu mir, als mich letzte Woche eine Nachricht erreichte und heftig erregte, deren Kernaussage war: Wissenschaft ist doof. „Klappe, Averell“, entgegnete ich.) Aber auch die Kriminellen legen so etwas wie Zurückhaltung und Tugendhaftigkeit an den Tag, vielmehr die Nacht.
Zumindest dieser eine, mit dem ich es zu tun hatte: In der Nacht zu Freitag wurde in mein Auto eingebrochen – das heißt nicht wirklich eingebrochen, denn ich hatte es nicht abgeschlossen. Aber es wurde unbefugt geöffnet. Am nächsten Morgen fand ich meinen kleinen CD-Vorrat aus der Konsole auf dem Sitz verstreut – keine fehlte. Verschiedene USB-Kabel für verschiedene Geräte, eine leere Bonbon-Box und eine Packung Tempos, alles da. Ob ein Taschentuch fehlte, kann ich nicht sagen, ich führe nicht Buch darüber. Benutzt eh nur Juliane. Ich selbst habe altbackene Herrentaschentücher und das Murmeltier schneuzt ausschließlich in die Armbeuge. In meine Armbeuge.
Was ich nicht fand, waren die 25 Euro in kleinen Scheinen aus der Mittelkonsole, die immer dort liegen – für falls man mal sein Geld vergisst. Aber sonst? Das Handschuhfach (in dem natürlich nie Handschuhe liegen, was sollten sie auch dort?), der Kofferraum – alles offensichtlich inspiziert, aber nichts mitgenommen, auch nicht die zwei Flaschen Cabernet Blanc vom Winzer, die dort lagen. Nichts verwüstet, nichts mutwillig zerstört, nicht in die Sitze geschifft, wie es aus Ungehaltenheit über die magere Ausbeute wohl schon mal gemacht wird. Maßvoll halt, wie gesagt. Wir werden bessere Menschen.
Auf dem Oktoberfest bleibt die Maß leer, hier werden die Menschen Maß-voll.
An dieser Stelle sieht mich das Murmeltier mitleidig an. Es nuschelt etwas („Ich murmele!!“) – sorry, es murmelt etwas von erbärmlichen Wortspielen, Talentfreiheit, Tieferbegabung und dergleichen und dass es das mindestens auf alle Fälle besser hingekriegt hätte.