In der Regel gibt uns die Sprache alles an die Hand, Tatsachen hinreichend genau zu schildern. Bei Emotionen ist das schon etwas schwieriger – meist weniger aus Gründen der generell zur Verfügung stehenden Sprachmittel als aus denen des persönlichen Wortschatzes.
Mitunter ist die Grammatik zu diffus, um Subjekt und Objekt zu unterscheiden (im Deutschen etwa beim Akkusativ femininum: Die Mutter pflegte die Tante). Aber einen einfachen Hergang zu schildern – das kann Sprache durchaus leisten.
Nichtsdestotrotz taten sich die Medien letztens schwer, einen besonderen Moment im Thüringer Wahldesaster korrekt zu schildern. Welche Zeitung ich auch gelesen habe, welchen Sender verfolgt, alle betonten, Linkenchefin Henning-Wellsow habe dem Kurzzeitministerpräsidenten Kemmerich ihren Blumenstrauß vor die Füße geworfen. Hat sie nicht – sie hat ihn fallen gelassen. Ein wesentlicher Unterschied. Hätte sie ihn geworfen, es hätte trotzig gewirkt, beleidigt. Das Fallenlassen, quasi en passant, war ungleich cooler und eindeutig die noch stärkere Geste. Werfen hätte Kraftaufwand, Muskelanstrengung bedeutet. Ein Lösen der Muskelspannung in der Hand, und die Blumen fielen zu Boden. Mehr Kalorienverbrauch war die Sache nicht wert.