Man ging da nie gerne hin, auch vor diesem Frühjahr nicht, zum Hauptbahnhof Bonn. Eine ewige Baustelle, die nie fertig wurde und wird und von der man nicht sicher ist, ob man es den Bonnerinnen und Bonnern wünschen soll, dass sie fertig wird – man hätte nicht die Gewissheit, dass es danach besser ist.
Seit Jahren wird an Gleis 1 das Dach renoviert und ist seit einiger Zeit beinahe schon so gut wie fast gleich fertig, wie Schiffskoch Hering sagen würde (vgl. oben, 3. April). Derweil regnet es auf Gleis 2 rein.
Aber nicht in diesen Zeiten. Wir haben ja seit Jahren schon – seit Beginn der virusbedingten Einschränkungen im Lande, etwa Mitte März also – heftigsten Sonnenschein. Da kann man es zur Not sogar an Bonn Hbf aushalten: Das Dach hat Löcher, durch die der Regen fällt, aber für Schatten reicht es noch lange hin.
Jetzt stehe ich an diesem Bahnhof und der wirkt wie eine alte Industrieruine, museal, wie aus einer anderen Zeit. Ist das so lange her, dass hier normales Treiben war, etwas wie Geschäftigkeit? Die Bauarbeiter haben ihre Geräte abgestellt, haben abmontierte Schilder (Bonn Hbf) liegen gelassen, sind gegangen und nicht wiedergekommen. Die Fahrgäste sind ausgestiegen, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, sind nach Hause gegangen und nicht wiedergekommen. Das Personal, das es damals noch gab, hat Feierabend gemacht und ist nicht wiedergekommen. So wirkt es auf mich – auch wenn vereinzelte Reisende oder augenscheinlich Reisewillige herumstehen, irrtümlich womöglich, keiner hat ihnen gesagt, dass dies ein Museumsbahnhof ist. Ein alter, maroder Bahnhof aus den Zeiten vor der virusbedingten Schließung. Vielleicht sind es auch nur Menschen, die mal wieder das Gefühl genießen wollen, an einem Bahnhof zu stehen und eine Reise anzutreten. Ein Koffer würde dieses Gefühl sicher intensivieren. Hat aber keiner dabei – würde ja nur neugierige Blicke auf sich ziehen – man fährt derzeit nirgendwo hin!
Tatsächlich aber bin ich es, den sie ansehen. Und das liegt nicht am Koffer, den ich nicht dabei habe. Es liegt an dem Nagetier an meiner Seite, das zwar mit seinen Stummelohren auch flüchtig betrachtet nicht als Osterhase durchgeht, aber freundlich grüßend nach links und rechts und Richtung Gleis gegenüber nickt.
„Der Osterhase“, sagt das Murmeltier in diesem Moment, nicht ohne Stolz, „sollte ja eigentlich gar nicht unbedingt ein Hase sein. Da waren ja auch andere im Gespräch. Soll ich dir sagen, wer?“
„Lass mich raten …“, sage ich. „Ostermurmeltier kling bescheuert, aber warum ist nichts draus geworden?“
…
„Hab verschlafen“, nuschelt es.