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Bericht aus der Werkstatt mit Großnager XIV: Es wird Zeit

Die Zeit ist ein wunderliches Ding. Je mehr man sich nimmt, umso weniger hat man am Ende. Sie geht dahin und ändert sich im Plural. Eben noch hipp und neu, und schon abgewetzt und grauhaarig, ohne dass man genau sagen könnte, wie es so weit kommen konnte.

Raider heißt schon lange Twix und Twitter ist jetzt X. Und wenn ich eine alte Jacke anziehe, dann finde ich darin, wenn sie sehr alt ist, vielleicht noch einen Zehn-Mark-Schein. Wenn sie noch älter ist, sogar einen blauen mit Segelschiff. Wenn ich zum Saisonwechsel eine nur etwas ältere Jacke vom Speicher hole, dann finde ich ein Tempo in der Tasche, das dann aber eine Maske ist. Eine OP-Maske oder – wie hießen die noch mal? – FFP2. Dann denke ich, dass mir ein Zehn-Mark-Schein lieber gewesen wäre, und überlege, die Maske wegzuschmeißen, sie ist doch ziemlich schmuddelig und es liegen ohnehin noch einige originalverpackte im Bad, neben einem halben Dutzend längst abgelaufener Tests. Und dann wird man ja sicher auch bald die FFP3 auf den Markt bringen.

„Ich glaube, sowas trägt man nicht mehr“, sagt das Murmeltier im Vorübergehen, nachdem es mit dieser unerschütterlichen Freundlichkeit gegrüßt hat. Es meint einerseits die Maske – vor allem aber die Jacke, in der ich eben kein Tempo gefunden habe. Wieso, was denn an der Jacke auszusetzen sei, die sei teuer gewesen und ich hätte sie schließlich im letzten Jahr auch schon getragen.
„Auch noch“, korrigiert es, „die war im letzten Jahr auch schon old style.“

Das Murmeltier ist mir bislang nicht als Mode-Nerd aufgefallen, aber seine abfälligen Bemerkungen ärgern mich. Schließlich hat meine Tochter in einer noch deutlich älteren Jacke von mir anerkennende, ja neidvolle Blicke ihrer Peergroup geerntet, warum also nicht auch ich.

Ich verspüre eine schäbige Lust, gemein zu sein.

„Außerdem trägt man Pelz auch schon lange nicht mehr“, sage ich, eine billige Retourkutsche, ich weiß, mit der ich zudem meine moralische Überlegenheit unterstreiche. Das Murmeltier schaut an sich herunter, streicht sich über das Fell und kratzt sich dort, wo ich einen Bauchnabel vermute.
„Aber ich kann da nicht raus“, sagt es mit ratlosem Ernst.
„Es sei denn, ich ziehe es dir über die Ohren“, erwidere ich und lächle schadenfroh – im selben Moment aber steigt mir aufrichtige Empathie zu Kopfe.
„Entschuldige!“, sage ich beschämt. „Letztlich können wir ja alle nicht aus unserer Haut.“

Bericht aus der Werkstatt mit Großnager XV: Abgrillen

Bericht aus der Werkstatt mit Großnager XIII: Ahoi


Kurz notiert

Zum Mitnehmen

Manche meiner Kunden setzen zu viele Kommas – oder auch Kommata, das ist beides o.k. Daher habe ich immer welche übrig und gebe sie gerne kostenlos ab. Das ist eine Win-win-Situation für uns alle (übrigens nicht Win-Win-...).

Zum Vergleichen

Was kostet eigentlich ein Lektorat? Schwer zu sagen – die Forderungen variieren sehr stark. Meine Preise liegen aber eher im unteren mittleren Bereich des seriösen Spektrums. Und bedenken Sie: Bei den Kosten für eine hochwertige Publikation ist das Lektorat keine große Summe.

Zur Sicherheit

Wenn Sie unsicher sind, helfe ich gerne weiter. Nicht bei der Frage nach Tee oder Kaffee, aber z. B. bei der nach Dativ oder Genitiv. Kontaktieren Sie mich – ich kläre das und schicke Ihnen bei Bedarf eine kurze Expertise. Für meine Kunden gehört das zum Service.

Zum Lachen

Fehler als Lacher – mein Favorit ist hier immer noch (obwohl im Grunde eher zum Weinen): Ein Kundenmagazin, das die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie thematisiert, darin der Satz: „Der kleine Kevin wird jeden Morgen von 8 bis 12 Uhr bereut …“ Das arme Kind!
Auch sehr schön: der Nähstoff.
Und natürlich aus jüngerer Zeit: der Strandort – ach, da möchte man doch grad die Strandtasche packen und Richtung Meer flipfloppen.

Zum Feiern

Vermutlich werden in diesem Jahr besonders viele Besucher nach Faid strömen: Die einen, weil sie sich wie jedes Jahr auf die Kirmes freuen,

Kimres.

... die anderen, weil sie gespannt sind auf etwas völlig Neues, noch nie Dagewesenes. Allen sei ein schönes Fest gegönnt – und hoffentlich war das Banner nicht zu teuer.

Zum Schluss

Habe ich Sie neugierig gemacht? Probieren Sie es aus. Ihr nächster Flyer, die neue Ausgabe Ihres Newsletters – was auch immer. Lassen Sie mich einen Blick drauf werfen.