In den späten Oktobertagen war es noch einmal mild genug, ein paar Leckereien auf den Grill zu werfen. Einen Maiskolben mit Kräuterbutter und Knoblauch für Juliane, einen für das Murmeltier, Pilze, etwas marinierte Aubergine und einen Hähnchenschenkel für den unverbesserlichen, in Ernährungsfragen immer schon etwas konservativen Lektor.
Der Grill steht im Wintergarten, die Schiebetür so weit offen, dass der Regen überwiegend draußen bleibt und dort mit der erschütternd früh aufziehenden Nacht die Winterzeit totschlägt – denn tatsächlich stehen wir natürlich längst weit im November. Ich schicke das Murmeltier zum Bierholen in die Garage, aber natürlich kriegt es das schwere Tor nicht auf. Auch als Großnager ist es halt einfach zu schmächtig. Ich solle das Tor mal ölen, wendet es ein, dann ginge das auch leichter von der Hand.
„Was du nicht sagst“, sage ich und drücke dem Kerl ein paar Flaschen Bier in die Krallen. Für Juliane gibt es Fassbrause. Dann stemme ich das Garagentor unter Mühen wieder ins Schloss – es könnte tatsächlich einen Tropfen Öl vertragen, aber das sage ich nicht laut.
„Könnte tatsächlich einen Tropfen Öl vertragen, was?“, kommentiert das Murmeltier meinen Schweiß. Ich entscheide mich, das nicht zu hören.
Der Hähnchenschenkel ist etwas angekohlt, da fehlte wohl auch ein Tropfen Öl, aber die Pilze und der Mais sind tadellos. Während ich die letzten Fetzen Fleisch von den Knochen zutzel, plündert Juliane schon den Salat und das Murmeltier knabbert befriedigt an seinem Maiskolben. Beide sehen mich dabei etwas indigniert von der Seite an, wahrscheinlich läuft mir wieder das Fett am Kinn runter.
„Du tropfst“, sagt Juliane dann auch schon und knabbert die letzten Körner von ihrem Maiskolben.
„Im Grunde seid ihr doch auch so eine Art Nagetier“, stellt das Murmeltier fest, indem es uns interessiert beobachtet. „Alle beide.“
„Schön wärs“, entgegne ich schmatzend. „Dann würden unsere Zähne nachwachsen und wir müssten uns nicht mit einem fünfzig Jahre alten Gebiss rumärgern. – Andrerseits“, füge ich nach einer kunstvollen Pause hinzu, „wäre das keine attraktive Option für dich.“
Das Murmeltier tut mir den Gefallen, in diese Pause ein „Wieso das?!“ zu platzieren.
„Wenn wir Nagetiere wären“, erläutere ich und lecke mir einen Tropfen Hähnchenfett von der Oberlippe, „dann wärst du auf alle Fälle höchstens ein Kleinnager.“
Bericht aus der Werkstatt mit Großnager XVI: Losglück
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