Folgende Zeilen vor ein paar Tagen in meiner Lieblingszeitung, mit der ich, wie das in vielen sehr alten Beziehungen passiert, immer wieder auch hadere: Vieles deutet darauf hin, dass Patienten nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung gegen das Virus dauerhaft immun sein könnten, untertitelt die Süddeutsche einen Artikel.
Eben noch von dem gut gelaunten Guten Morgen des Murmeltiers stimmungsmäßig erstaunlich aufgehellt, legte sich in diesem Moment ein Schatten auf mein Gemüt, hatte ich mir doch ein wenig mehr Gewissheit erhofft: „… deutet darauf hin, dass … könnte.“ Ich könnte bei der Gelegenheit mal wieder ein wenig an meiner Lektoren-Werkbank arbeiten und auf den astreinen tautologischen Charakter dieser hoffnungsvoll gemeinten, im Subtext aber verstörend vagen Aussage eines doppelten Vielleicht hinweisen.
Das erinnert den Lektor an die Seeräuberinsel, ein Hörspiel, das meine Tochter und ich seit ihrem etwa zehnten Lebensjahr in weiten Teilen auswendig können. Bis heute überprüfen wir auf längeren Autofahrten gerne unsere Textsicherheit. Dort versichert ein Koch namens Hering, dass der obrigkeitlich, also von Kapitän Backenbart eingeforderte Vanillepudding mit Meerrettichsoße beinahe schon so gut wie fast gleich fertig sei und dass – ach, vielleicht sollten wir uns das Hörspiel einfach gleich noch einmal anhören. Es hat in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten noch nie seine aufheiternde, ja beglückende Wirkung verfehlt. Vielleicht gefällt es ja auch dem … nein, das Murmeltier hasst Hörspiele. Sie seien zu lang, es schlafe immer wieder zwischendrin ein. Dieses zudem mag es überhaupt nicht, weil darin eine ziemlich dämliche Ratte vorkommt, ein lächerlicher Kleinnager, und zudem hält es sich selbst für supergescheit. So viel Hybris hätte ich dem Nager gar nicht zugetraut – muss an den merkwürdigen Zeiten liegen. Ich bin auch nicht sicher, ob Ratten Kleinnager sind. Außerdem ist es überzeugt, dass ich die CD nur spiele, um es zu ärgern. Es grüßt nichtsdestotrotz zuverlässig, was ich heute glücklicherweise nicht wahrnehme, weil ich meine Lieblingsstellen der Seeräuberinsel gerne über Kopfhörer höre – etwa das Lied von dem heimwehkranken Vielleichtmatrosen und Pippiraten Kalle:
Wenn ich von daheim geh,
krieg ich sofort Heimweh.
Drum bin ich in der Ferne
nicht lange und nicht gerne.
Vielleicht ist man danach ja wirklich immun. Könnte zumindest eventuell sein.