Immer noch erreichen mich die Meldungen, die Corona-Krise sei hochgespielt, es handle sich um eine ausgeprägte Grippewelle. Ich würde es gerne glauben. Wendungen wie „Man will uns einreden …“ überzeugen mich allerdings nicht.
Und Karl Lauterbach sei ohnehin von Big Pharma bezahlt, er wohnt ja quasi um die Ecke. Naja, könnte er sich mal einen ordentlichen Friseur und bessere Klamotten leisten.
Auch eine Petition wird mir zur Unterzeichnung gesandt, gegen Maskenpflicht und Ermächtigungsgesetz. Ich lese nicht alles, überfliege aber dies und das und höre in ein paar Interviews rein. Manches, was uns angeblich verschwiegen oder was nicht bedacht wird, habe ich längst in mehreren Artikeln und Berichten bedacht und zur Debatte gestellt gesehen. Was als relativierend aber immer wieder genannt wird: Es handle sich bei den Todesfällen, die auf das Coronavirus zurückgeführt werden, in den allermeisten Fällen um Menschen über 80. Das ist wohl so. Aber was machen wir jetzt mit dieser Erkenntnis? Zu welchem Schluss bringt sie uns im Zusammenhang mit der Aussage, dass die Pandemie von den Mainstream-Medien übertrieben dargestellt wird, viele Maßnahmen unangemessen sind und alles gar nicht so schlimm ist? Wollen wir wirklich, dass der Boris-Palmer-Gedanke, das sei ja dann nicht so schlimm, die wären in einem halben Jahr eh tot, das Regierungshandeln leitet? Und wenn sie jetzt überwiegend erst 75 wären? Weder die Bill of Rights, das Völkerrecht, die Erklärung der allgemeinen Menschenrechte, das Genfer Friedensabkommen, unser fantastisches Grundgesetz („Auch nicht der Alpenverein und der Tierschutz“, ergänzt das Murmeltier von unter meinem Schreibtisch) noch irgendeine andere in der Regel hochgeschätzte, wenn auch oft genug verletzte Vereinbarung über das Zusammenleben der Menschen lässt die Auslegung zu, das Leben älterer Menschen könne und dürfe geringer geschätzt werden als das jüngerer.
Dass jetzt oft auch die Autos vor der Ampel und beim Parken zwei Meter Abstand halten – gut gemeint, aber nach allem, was man weiß, übertrieben. Auch bei Videokonferenzen, an denen Juliane jetzt täglich teilnimmt, Hut und Mütze nicht mehr abnehmen, weil der Friseurbesuch zu lange her ist – übertrieben. Und doch sollten Friseure beim nächsten Mal zur systemrelevanten Berufsgruppe gezählt werden. Eine Kollegin schaltet ihre Kamera vorsorglich auf schwarzweiß. Sie war lange nicht beim Tönen. Und ein Kollege meint, er könne sich die Haare gut auch selbst schneiden.
Nein, kann er nicht.