Es wird ernst. Kleine Brauereien stehen vor dem Ruin. Kein Fußball, keine Sportschau, keine Festivals. Keine Dorffeste, Grillabende, Partys. Und vor allem: keine Doppelkopfabende. Ja, wo und wann soll man denn sonst noch Bier trinken?
Wie soll man denn da auf seine Jahresration kommen, wie seine Literprokopfmenge stemmen? Stemmen übrigens hier im Sinne von Schaffen, Bewältigen, nicht im Sinne von Einliterkrüge zum Munde führen – denn wer weiß, ob bis zum Oktoberfest wieder Normalität in den deutschen Bierkonsum einzieht. Hätten sie halt nicht in den September legen sollen, ihr Oktoberfest, dann hätten sie jetzt ein paar Wochen mehr für ihre Hoffnung auf wiederkehrende Normalität. Da wäre noch das Wegbier – nicht wech im Sinne von Hau-wech-das-Zeug, sondern Weeg im Sinne von Gehen. Das Wegbier wurde vor einiger Zeit populär und ist generell eine feine Sache, schmeckt aber letztlich auch besser in Gesellschaft. Und noch besser, wenn man dabei nicht unterwegs ist, sondern angekommen.
Nein, mit Flasche in der Hand rumlaufen – das sollte man nach abgeschlossener Ich-bin-individuell-und-völlig-anders-Phase, also spätestens ab Mitte zwanzig, nur noch in Ausnahmesituationen tun. Also jetzt zum Beispiel!
Juliane kocht jetzt mehr mit Knoblauch und mit mehr Knoblauch. Ich auch. Feine Sache auch das. Kein Naserümpfen in engen Aufzügen. Und auch bei Videokonferenzen, Online-Seminaren, Zoom-Meetings – kein Problem. Da guckt keiner schief und sagt mit diesem Unterton „Mmmh, Knoblauch, nehme ich ja auch manchmal ganz gerne …“. Der gleiche Ton im Übrigen, mit dem das Murmeltier gestern „leger!“ sagte mit Blick auf meine alte Lieblingsjeans, die ich jetzt wieder offen trage – wo man doch eh meist zu Hause ist. Offen übrigens im Sinne von öffentlich, nicht im Sinne von unverschlossen. Obwohl – aber die Löcher sind zumindest alle redlich erworben! Bei der Arbeit. Zwar nicht direkt bei der Arbeit als Lektor, aber beim Bäumefällen, Häuserbauen, Feinde, Tiger und Murmeltiere erlegen ...
Dem Murmeltier stellen sich die Nackenhaare auf. Es hat sich wieder nur schlafend gestellt. Das macht es jetzt öfter, seit ich gelegentlich einfließen lasse, dass ich Tiger und Murmeltiere erlege. Das mit den Tigern glaubt es nicht. Oder es verlässt den Raum. Manchmal sogar grußlos.
Und ich geh dann auf den Balkon und unterstütze ein wenig die kleinen Brauereien.