Zu Hause riecht es zunehmend nach Kleintierhandlung. Ich bevorzuge daher die frische Luft draußen und gehe zum Rhein. „Vater Rhein?“, fragt das Murmeltier. „Sag ihm ’nen schönen Gruß!“ War klar. Ich antworte nicht.
Auf dem Weg durchs Wohngebiet fällt mir auf, dass jetzt noch mehr als sonst die Leute Kartons mit Dingen vor die Tür stellen. „Zu verschenken!“ Praktische Nachbarschaftshilfe in Zeiten der Krise und Solidarität? Ich bin mir nicht sicher, ob wirklich schon ein Engpass besteht an angeschlagenen Tassen mit zehn Jahre altem Kaffeerand und schadhaften Vasen, aber gut. Besser als gar nichts. Ein Jahressatz des Fußballmagazins „11 Freunde“. Wo der wohl herkommt? Vor 25 Jahren in Freiburg, da wäre das noch zu Geld zu machen gewesen. Da ist auch eine Tränke für Kleinnager – das wäre vielleicht was. Das Murmeltier geht immer öfter an mein Bier, kommt aber mit den Kronkorken nicht zurecht. Und ich finde, ich kann die kleinen Brauereien durchaus alleine unterstützen.
Am Rhein eine Gruppe Teenager. Brav mit Abstand sitzen sie da, alle mit schwerem Kopfhörer versiegelt, und versenken sich zweihändig knietief in ihre Smartphones. Alles ganz normal also. Das Kontaktverbot dürfte ihnen eigentlich nicht schwerfallen, wenn sie ohnehin weitgehend über ihre Geräte kommunizieren. Und die zwei Meter lassen sich sogar problemlos mit Bluetooth überbrücken. Muss man nicht mal die Flatrate für beanspruchen.
Dann sehe ich wieder den Schiffen zu, die voll beladen Richtung Basel dieseln. Warum werden Schiffe eigentlich ausschließlich weiblich benannt? Selbst Poseidon oder Beethoven heißen dann die Poseidon, die Beethoven. Weibliche Wasserfahrzeuge – da muss man im Deutschen schon ziemlich abgelegene Begriffsfelder abgrasen: Die Dschunke, die Jolle, die Barkasse, die Nussschale fallen mir da ein. Worüber man sich so seine Gedanken macht, wenn man als Lektor nicht lektoriert, sondern am Rhein rumsitzt und in die Sonne blinzelt. Die Beethoven liegt übrigens verwaist an Pier 5 – in diesem Frühjahr gibt es vermutlich keine Ausflüge mehr.
Bevor ich wieder gehe, wende ich mich noch einmal zum Fluss.
„Schönen Gruß auch!“, sage ich.
„Von wem?“, fragt der Rhein.