Zu Hause riecht es zunehmend nach Kleintierhandlung, nicht nur unter meinem Schreibtisch. Ich bevorzuge daher die frische Luft draußen und gehe Richtung Rhein. „Vater Rhein?“, fragt das Murmeltier. „Sag ihm ’nen schönen Gruß!“
War klar. Ich antworte nicht.
Auf dem Weg durchs Wohngebiet fällt mir auf, dass jetzt noch mehr als sonst die Leute Kartons mit Dingen vor die Tür stellen. Zu verschenken! Praktische Nachbarschaftshilfe in Zeiten der Krise und Solidarität? Ich bin mir nicht sicher, ob wirklich schon ein Engpass besteht an angeschlagenen Tassen mit zehn Jahre altem Kaffeerand und schadhaften Vasen, aber gut. Besser als gar nichts. Ein Jahressatz des Fußballmagazins 11 Freunde. Wo der wohl herkommt? Dann eine Tränke für Kleinnager – das wäre vielleicht was. Das Murmeltier wird aber vermutlich entrüstet sein, wenn ich damit ankomme, es sei denn, ich fülle Bier rein und sage, dass es eine Tränke ausschließlich für Großnager ist. Es meint, ich kriege nicht mit, dass es immer öfter an meine Vorräte im Keller geht. Glücklicherweise kommt es aber mit den Kronkorken nicht zurecht. Und Flens kaufe ich nicht mehr – die Bügelflaschen hat es ruckzuck und mit beeindruckendem Plopp geöffnet. Und ich finde, ich kann die kleinen Brauereien durchaus alleine unterstützen.
Ansonsten aber ist das Brauchbarste an diesen Zu verschenken!-Kartons meist der Karton selbst.
Am Rhein eine Gruppe Teenager. Brav mit Abstand sitzen sie da, alle mit schwerem Kopfhörer versiegelt, und versenken sich zweihändig knietief in ihre Smartphones. Alles ganz normal also. Das Kontaktverbot dürfte ihnen eigentlich nicht schwerfallen, wenn sie ohnehin weitgehend über ihre Geräte kommunizieren. Und die zwei Meter lassen sich sogar problemlos mit Bluetooth überbrücken.
Dann sehe ich wieder den Schiffen zu, die voll beladen Richtung Basel dieseln. Warum eigentlich werden Schiffe ausschließlich weiblich benannt? Selbst Poseidon oder Beethoven heißen dann die Poseidon, die Beethoven. Weibliche Wasserfahrzeuge? Da muss man im Deutschen schon ziemlich abgelegene Begriffsfelder abgrasen: Die Dschunke, die Jolle, die Barkasse, die Nussschale fallen mir da ein. Worüber man sich halt so seine Gedanken macht, wenn man als Lektor nicht lektoriert, sondern bei Pandemie am Rhein rumsitzt und in die Sonne blinzelt. Die Beethoven liegt übrigens verwaist an Pier 5 – in diesem Frühjahr wird es vermutlich keine Ausflüge mehr geben.
Bevor ich wieder gehe, wende ich mich noch einmal zum Fluss.
„Schönen Gruß auch!“, sage ich.
„Von wem?“, fragt der Rhein.