Per E-Mail-Verteiler meines Berufsverbandes kommen gerade viele Auftragsanfragen an den Lektor: Es werden jetzt von ganz vielen Leuten ganz viele Romane geschrieben. Ich würde mir das ja für schlechteres Wetter aufheben, mit eingeschränkten Ausgehzeiten oder bei strenger Quarantäne – aber was will man machen, wenn die Muse ruft, dann ruft sie und spitzt die Lippen zum Kusse. Egal wie eitel der Sonnenschein ist.
„Nein“, sage ich entschieden, „du bist nicht gemeint!“, als sich das Murmeltier übergriffig nähert.
Apropos Quarantäne – es ist mir immer wieder etwas unangenehm, wenn ich das wie Kwarantäne ausspreche. Am Telefon mit Kunden beispielsweise. Alte Gewohnheit. Man hat sich da halt nie Gedanken drüber gemacht und das Wort auch kaum mal alle zehn Jahre verwendet. Es war zwar schnell geklärt, dass das von quarante, also französisch für vierzig kommt und daher korrekt Karantähne gesprochen wird, aber selbst manche Expertinnen und sogar Claus Kleber sagt Kwaran... Der verspricht sich allerdings relativ häufig, was aber nichts daran ändert, dass man ihm sehr gerne zuhört. Wenn es etwa um Popkultur geht: Die Namen weithin bekannter und angesagter Pop-Bands hat er oft nicht so drauf wie das meiste andere. Dann wird Claus Kleber, während wir den nächsten Einspieler sehen, vermutlich von irgendwelchen U30 hinter der Kamera oder sonstwo im Hintergrund korrigiert und entschuldigt sich dann hinterher ganz brav, dass die Band natürlich zum Beispiel Queen heißt und nicht The Queen. Und dann lächelt er so kleberhaft spitzbübisch, dass niemand merkt, wie wenig ihn diese Band interessiert.
Also, Herr Kleber, Sie und ich – wir nehmen uns jetzt mal vor, in Zukunft korrekt Karantähne zu sagen, und freuen uns, dass die bislang auf vierzehn Tage festgelegt ist und nicht auf vierzig.
Und sonst so? Heute, Gründonnerstag, noch schnell einkaufen gewesen, Vorrat für drei, vier Tage. Ganz früh am Morgen. Damit es nicht so voll ist.
Ich habe sehr lange Zeit sehr große Stücke auf meine Individualität gehalten – zu lange und zu große. Ich war mir immer sicher, anders zu ticken als die anderen. Heute bin ich, und nicht zum ersten Mal, eines Besseren belehrt worden: Der Laden war rappelvoll. Ich ticke offensichtlich ziemlich oft genauso wie alle anderen. Nicht sehr erhebend.
„Um halb acht morgens in den Supermarkt?“, hatte das Murmeltier noch gestern Abend meinen Plan kommentiert. „Mach leise, wenn du rausgehst. Ich schlafe dann noch.“ Und dann hat es noch etwas vor sich hin gemurmelt, etwas wie: „Blödsinnige Idee. Halb acht. Da ist doch die halbe Stadt im Supermarkt.“