Noch etwas zu den Konzerten von gestern. Wenn die ausfallen, was ich wirklich frustrierend finde, dann muss man sich halt hin und wieder ein neues Album kaufen – noch schreiben die Musiker ja Musik, machen die Liedermacher Lieder, gehen ins Studio und nehmen Platten auf.
Und ich bin auch immer gerne bereit, da reinzuhören und auch die eine oder andere CD oder LP zu kaufen – solange sie vor dem Mikro den Mundschutz abnehmen. Gut, bei Udo Lindenberg spielt das keine große Rolle. Aber man muss ja nicht jedes Stück Musik verstehen, nicht jede Lyrik gewinnt, wenn man sie singt. Manchmal taucht man ganz tief ins Radio, weil man eine bunt schillernde Liedzeile angeln will, nimmt vielleicht, wenn das Englisch nicht reicht, auch ein Wörterbuch zur Hand, nur um festzustellen, dass man das nicht hätte tun müssen, dass der Vers, um im Bilde zu bleiben, auf dem Trockenen farblos ist und trist. Wenn es aber gut ist, dann ist es ohne Mundschutz noch besser.
Zum Glück ist die Kunst im Netz zu finden – unersetzlich! Vor ein paar Jahren noch, also etwa bis Mitte März, habe ich das kaum wahrgenommen. Ganz neue, kreative und ja, ich hasse das Wort, aber tatsächlich innovative Formate gibt es da. Ganze Symphonieorchester zu Hause, aber synchron. Schräge Choreografien in virtuellen Räumen, etwa von Thao & The Get Down Stay Down: aus einem Dutzend verschiedener WG-Küchen, Schreibecken und Schlafzimmer (der Lektor meint Schreib-Ecken, nicht Schrei-Becken!). Davon werden die Musiker nicht satt, es ist aber so fantastisch, dass man auf der Stelle beschließt: Wenn ihr kommt, dann komme ich auch! Ich gehe auf euer Konzert, ich kaufe euer Band-T-Shirt und die Doppel-LP, trinke drei Bier, denn davon leben auch Leute.
Aber was könnten Schrei-Becken sein? Das Kinderbecken im Schwimmbad, wenn das Wasser zu kalt ist? Die Wanne zu Hause, wenn Seife in die Augen gerät? Oder doch eher das Taufbecken am Sonntagmorgen in der Kirche?
Seit mein verpennter Mitbewohner auch Mundschutz trägt, weil er das irgendwie für angesagt hält, ist sein Genuschel („Gemurmel!!“) – sorry, Gemurmel noch weniger zu verstehen.
„Ich komme mit, habe ich gesagt“, sagt das Murmeltier. Ich bin mir nicht sicher, ob es um die Konzerte geht oder das Stichwort Bier ausschlaggebend war.
„Das geht nicht!“
„Wieso nicht?“
„Äh …“ Pause. „Solche Konzerte sind immer FRÜH MORGENS. Dann schläfst du noch …“