Mitte März erst, aber wir hatten schon richtige Frühlingstage hier im Mittelrheintal. Und gestern galt es, endlich tätig zu werden – es war für die ersten warmen Tage im Jahr fest eingeplant und jetzt gab es keine Ausrede mehr: Der Wintergarten war dran.
Im letzten Herbst war der Fensterputzer zwar hier gewesen, hatte die vielen Fenster in Augenschein genommen, eine günstige Lösung für den Wintergarten vorgeschlagen mit Spezialrezeptur gegen Moos, für den gleichen Tag noch ein Angebot in Aussicht gestellt, sich dann aber nie wieder blicken lassen. Also stieg ich nun selbst mit Wischwasser, Schrubber, Abzieher und Tritthocker bewaffnet über das Speicherfenster auf das Glasdach, um es endlich gründlich zu reinigen, von Moos und Algen zu befreien. Das Murmeltier saß im Fenster, sah mir bei der Arbeit zu, empfahl mir eindringlich, nicht vom Dach zu fallen, das sei kein Spaß in meinem Alter, es selbst habe ja leider Höhenangst, sonst wäre es gerne behilflich gewesen, und blätterte dann mäßig interessiert in der Zeitung, während ich die Glasscheiben schrubbte.
„Meinst du“, fragte das Murmeltier nach einer Weile besserwisserisch, „das ist ein guter Tag heute, um das Dach zu schrubben?“
„Der beste Tag ist immer heute“, antwortete ich lebensklug, obwohl ich eher dazu neige, die Dinge vor mir herzuschieben.
„Wenn du meinst“, entgegnete das Murmeltier, „ich habe allerdings den Eindruck, dass du eher dazu neigst, die Dinge vor dir herzuschieben. – Was ist eigentlich Sahrastaub?“, fragte es dann aus der Zeitung aufblickend.
„Keine Ahnung“, erwiderte ich, „wird das da nicht näher erläutert?“
Ich war mit meiner Arbeit äußerst zufrieden. Es war nun wieder um einiges heller im Wintergarten, nicht mehr dieser grünliche Halbdämmer. Gleichzeitig hatte sich meine Laune etwas aufgehellt. Der Frühling konnte kommen. Versöhnlich gestimmt ließ ich mir von dem Murmeltier den Artikel über den Sahra-Staub zeigen und hatte – schließlich bin ich Lektor – das Problem schnell erfasst: Es sei von Sahara-Staub die Rede, und das sei, wie der Name schon sage, Staub, der aus der Sahara bei entsprechender Wetterlage bis zu uns komme. Das Tier ist beim Lesen mit etwas ungewöhnlichen, nicht alltäglichen Begriffen immer noch leicht überfordert.
Heute Morgen dann, nachdem es in der Nacht ausgiebig geregnet hat, ist es wieder so finster im Wintergarten wie zuvor. Entgeistert schaue ich nach oben.
„Das übrigens“, erkläre ich dann dem verständig nickenden Murmeltier, „ist Sahara-Staub.“