Eine neue Woche hat begonnen. Nicht wesentlich anders als die letzte geendet hat. Man merkt das kaum, wenn die Woche wechselt – am ehesten noch daran, dass das Murmeltier am Freitag mit Schönes Wochenende! und montags gewohnheitsmäßig etwas weniger engagiert grüßt, aber trotzdem pflichtschuldig eine schöne Woche wünscht.
Ein bisschen grau ist es dann doch irgendwann geworden, sogar drei Tropfen Regen sind gefallen. Scheißwetter.
Aber jetzt wieder: sonnig, warm, windig. Längst hat sich neue Routine eingestellt. So, wie wir uns im Laden und auf der Straße mit Abstand umtänzeln, als hätten wir es immer schon so gemacht, so teilen Juliane und ich jetzt täglich das Homeoffice, das aber leider ungünstig möbliert ist: Wenn Juliane Zoom-Konferenzen hat, muss ich in die Küche umziehen, vorher aber meinen Schreibtisch aufräumen, der von ihrer Kamera erfasst wird, und vor allem darf dann das Murmeltier nicht durchs Bild huschen und hinter ihrem Rücken Faxen machen. Aber wir haben uns an den neuen Tagesablauf gewöhnt: gemeinsames Frühstück, kein Pendeln mehr, keine verspäteten Regionalzüge, keine verstopfte B9, kein lauwarmer Kaffee im Cafè, sondern der eigene, der ohnehin am besten ist. Mittags trinken wir den auf einer Bank in der Sonne am Rhein, ein paar Kekse dazu – natürlich keine selbst gebackenen, denn dann wäre es ein Picknick und verboten. Und für den Kaffee nehmen wir die To-go-Becher vom letzten Autobahnraststättenbesuch vor ein paar Jahren, also etwa Mitte März.
Wenig Änderung auch in der Nachrichtenlage und Zeitungslektüre. Immer noch füllen sich die schweren Seiten mit Artikeln zur Krisenlage – viel mehr als es berichtenswertes Neues oder Diskussionswürdiges gibt. Habe ich etwas verpasst? Gibt es eine behördliche Auflage, nur noch oder zu mindestens 75 Prozent rund um das Virus zu berichten und zu talken? Wenn nicht – bitte, dann schreibt und sendet wieder mehr über andere Vorfälle in der Welt, über Gegenden, in denen sich das Leben auch nicht von alleine lebt. Vielleicht relativiert ein Bericht aus Idlib, Kabul oder dem Donbass die Klagen, noch eine Woche oder zwei mit Kontaktsperre, mit den eigenen Kindern zu Hause, Heimkino und Schlangestehen vor der Eisdiele sei die Hölle. Ich fühle mich von meiner Lieblingszeitung und Claus Kleber zurzeit nicht hinreichend angesprochen.
Angesprochen hat mich aber, was die Nachbarmädchen mit Straßenmalkreide auf den Gehweg geschrieben haben: You are beautiful and loved.
„Hab ich“, kommentiert das Murmeltier, als ich ihm die Worte übersetze, „schon immer gewusst.“