Die Birke hinter unserem Haus – das wird nichts mehr, die ist hin. Ich hatte den Verdacht schon länger, war mir aber nicht sicher. Birken blühen etwas später, tröstete ich mich. Heute aber sehe ich, dass die Maibäume, die trotz allem hier und da und dort und – wie schön! – auch hier stehen, längst grün sind.
Unsere Birke aber hat nicht das geringste Grün zum Anziehen und in ein paar Wochen wird noch der letzte, längst tote Maibaum lebendiger aussehen als sie. Das ist auf merkwürdige Weise und in diesem Frühjahr besonders traurig, auch dass niemand herging, einen Ast von ihr zu schlagen, seiner Liebsten mit bunten Bändern vor die Tür zu binden. Da stirbt uns dieser Baum vor der Türe weg, obwohl doch gerade alles beginnt, besser zu werden. Hätte er nicht noch etwas durchhalten können? Wir halten doch alle gerade durch – irgendwie. Gut, die Birke hatte einige wesentliche Vorerkrankungen, insbesondere haben sie der Efeu und die Trockenheit kleingekriegt, die schweren Misteln haben sie in die Knie gezwungen.
Der Mai kommt und bringt endlich das ersehnte April-Wetter mit Regen. Zu spät für die Birke hinter unserem Haus. Jetzt ist sie so kahl, man könnte die Eichhörnchen drin rumrennen sehen, aber sie rennen nicht drin rum, weil man sie zu gut sehen könnte. Sie bevorzugen bei aller Menschennähe doch dichtes Blatt- und Blätterwerk. Damit sind sie immer gut gefahren: Abstand halten.
Übrigens sind in diesem Jahr wieder die Jungs an der Reihe: Alle Schaltjahre stellen die Mädchen den Jungs die Maibäume auf, so geht die Regel. Die Bäume sind nicht kleiner, nicht weniger bunt und nicht weniger als sonst. Nicht jede Normalität haben wir vermisst, manche alte Normalität kann bleiben wo der Pfeffer wächst (und wird vermutlich genau dies nicht tun) – aber ein paar Normalitäten begrüßen wir mit großem Hallo.
Apropos Grüßen: Das Murmeltier hat sich noch nicht blicken lassen, es schläft heute ungewöhnlich lang. War die halbe Nacht unterwegs. Vor dem Haus stehen zwei Maibäume, für den „einen Papa“ und für den „anderen Papa“. Ich bin weder der eine noch der andere. Daneben noch ein kleiner Maibaum, ein Birkenast, ziemlich mickrig. Aber auffällig sauber vom Stamm getrennt, nicht gesägt, nicht gehackt, nein – der wurde ganz offensichtlich von einem Profi abgenagt!